durch Natur-Kosmetika?

Tatsächlich scheinen Naturkosmetika bei einigen eine negative Wirkung auf die Haut zu haben. Also lieber doch die aus synthetischen Rohstoffen? Bei genauerer Betrachtung ist es denn doch nicht so einfach:

Allergien:

Es werden nur wenige ausgewählte Stoffe getestet, die in Pflanzen mit teilweise hunderter weiterer gemeinsam auftreten. Wenn ein Stoff Nebenwirkungen haben könnte, bringt die Pflanze sogar schon das Gegenmittel mit (Es gibt z.B. als Einzelstoff einen wunderbar frischen Citrusduft, der diverse Heilwirkungen hat, dummerweise aber .. eventuell.. den Augeninnendruck erhöhen könnte. .. wenn man diesen Stoff ausschließlich anwendet. In der natürlichen Zusammensetzung wird er oft von einem anderen Stoff begleitet, der genau diese ungute Wirkung aufhebt).

Chemisch hergestellt sind auch diese Einzelstoffe nicht genau gleich denen aus Pflanzen. Die Stoffe kommen in verschiedenen Formen vor- vergleichbar einem rechten und einem linken Schuh: obwohl es sich dabei um das gleiche „Modell“ handelt, sind sie doch grundverschieden „im Gebrauch“ und lassen sich nicht einfach austauschen. Das Verhältnis in der Natur ist nicht so, dass immer die gleiche Menge von jeder Variante vorhanden ist- das gibt es nur, wenn man den Stoff künstlich herstellt. (wer mehr dazu wissen möchte: z.B. das Verhältnis der Enantiomere – das natürliche Verhältnis könnte man inzwischen theoretisch kopieren- wäre aber viel zu teuer).

Ob das egal ist?

Das glaube ich eher nicht- weil jede Pflanze ein ganz typisches Verhältnis von „rechten und linken Schuhen“ hat. Nur weil wir den Sinn noch nicht durchschaut haben, muss es nicht automatisch „sinnlos“ sein.

Wenige synthetisch hergestellte Einzelstoffe einer Pflanze werden dann mit weiteren Einzelstoffen anderer Pflanzen in einem Cocktail zusammen gemischt und dieser Cocktail wird getestet. Nur.. was sagt das tatsächlich aus?

Wenn ich dazu einen (zugegeben etwas überzeichneten und groben, oberflächlichen – aber dadurch deutlicheren) Vergleich anstelle: Nehmen wir an, Sie rühren die Hagelschnüre eines rohen Eis (das festere und länger glibberige im Eiweiß), Sehnen aus Rindfleisch, ein Stück Rogen aus einem geräucherten Fisch, das faserige Innere einer Ananas, vielleicht auch etwas Schale, die Scharfstoffe von Chili, ein paar Weintraubenkerne, Senfsamen, Kakaobohnenstückchen… und einen Esslöffel Salz zusammen…  –  sehr lecker…

Bei den meisten würde bei „Genuss“ dieser Kreation wahrscheinlich umgehend alles den Rückweg antreten. Daraus könnte..man den Schluß ziehen, dass so jemand nichts verträgt, in dem Eier sind (also keinen Kuchen, Rührei, Soßen, Nudeln, Klöße, Bonbons, Marshmellows, Weinschaumcreme usw. usw. Da gibt’s ne ganze Menge..), aber auch kein Steak, keinen Fisch, keine Ananas, keine Waldmeisterbowle, keinen Wein oder Salate mit Weintrauben, keine Schokolade, keine Pralinen, keinen Schokoaufstrich zum Frühstück.. oje. Das hört sich wirklich traurig an (natürlich sind die Allergen-Test-Cocktails nicht so abenteuerlich gemischt- aber es hat was davon).

In Wirklichkeit reagiert man bei „Unverträglichkeit“ von „Fisch“ vielleicht nur auf das Raucharoma im Fisch allergisch- und verträgt den kompletten Rest der Mischung ganz prima.

 

Diese Beispiele zeigen, dass die aktuelle Bestimmung und Einstufung der „allergenen Stoffe“ noch dringend einer Überarbeitung bedarf.

Trotzdem kann es sein, dass synthetische Stoffe „besser“ vertragen werden- oder? Das kommt natürlich vor- auf der anderen Seite gibt es sehr lange Erfahrungen mit Natur-Rohstoffen und nur kurze mit den synthetischen. Unsere Zellen reparieren oft über lange Zeit sehr geduldig. Gerade bei ganz neuen und dem Körper unbekannten Stoffen kann es Jahre dauern, bis sich Schäden zeigen- oder sie sind nicht so offensichtlich wie eine allergische Reaktion. Diverse Mittel (z.B. Haltbarkeitsmittel) mussten erst über Jahre verwendet werden, bis man bemerkte, dass sie hormonaktiv wirken- und das natürlich nicht eingeschränkt- d.h. auch auf Kinder- und nicht nach Geschlechtern getrennt.

Aktuell wurde z.B. gefunden, dass ein Desinfektionsmittel (Triclosan)- dessen Einsatz eigentlich für Krankenhäuser und Praxen gedacht war (und laut Empfehlung von 2006 des Bundesinstituts für Risikowertung darauf beschränkt bleiben sollte) alle möglichen „Begleiterscheinungen“ zeigt..  Trotzdem darf es auch weiterhin in Zahnpasta, Duschgels, Deos, Schminke und anderen Produkten verwendet werden. Dass es dabei nicht zwischen (notwendigen) „nützlichen“ Bakterien und schädlichen unterscheiden kann, ist auch für einen Laien einsehbar, scheint aber Entwicklern und Herstellern wenig Kopfzerbrechen bereitet zu haben. Darüber hinaus ist es in der Muttermilch nachgewiesen worden, es kann Antibiotika-Resistenzen fördern und einiges mehr. In Kläranlagen wird die Substanz nicht völlig abgebaut und „beglückt“ daher sogar Fische und Algen, was deren Gesundheit nicht gerade förderlich ist- erst recht nicht, wenn es unter Lichteinfluss zu Dioxin umgebaut wird. Triclosan ist in Naturkosmetika nicht erlaubt.

Wie kriegt man aber die inzwischen weit verbreiteten Stoffe wieder aus der Umwelt heraus? Nach welchem „Meister“ soll der Zauberlehrling rufen? Da müssen wir einstweilen wohl eher auf gut funktionierende Zellmechanismen und körpereigene „Entgiftung“ vertrauen.

Natürlich ist nicht jede „Naturkosmetik“ gut verträglich- zumal die Deklarationen da auch etwas schwammig sind. (etwas sicherer ist man bei dem noch verhältnismäßig neuen Label: „natrue“). Aber selbst, wenn nur „natürliche Stoffe“ verwendet werden, gibt es dort große Qualitätsunterschiede. Es ist eben nicht gleichgültig, ob altes Bratenfett (doch!.. das kommt vor- auch wenn man es kaum glauben mag..) oder feinstes Olivenöl z.B. in Seifen Verwendung findet, ob frisches Orangenöl oder altes, „ranziges“, das sich chemisch verändert hat und daher hautreizend wirkt, ob bei der Deklaration undurchschaubare Tricks angewendet wurden oder wieviel Umweltgifte sich in den Rohstoffen niedergelassen haben. Alles aufzuzählen würde zu weit führen- es soll nur zeigen, dass der Begriff „Naturkosmetika“ generell noch nichts über Qualität, Frische oder Reinheit aussagt.

Ganz allgemein zeigen sich Reaktionen schneller bei Naturkosmetik-Unverträglichkeiten. Dabei muss es sich nicht immer um eine Allergie oder Ähnliches handeln. Bei manchen ist die Haut bereits so irritiert, dass sich gerade beim Wechsel auf natürliche Substanzen für ein paar Tage Pickel oder rote Flecken zeigen. Sollte das nicht nach spätestens einer Woche abgeklungen sein, muss man das Präparat wechseln- egal wie sehr einem die Inhaltsstoffe theoretisch gefallen mögen. Vielleicht verträgt man einfach diese Zusammensetzung nicht, vielleicht nur eine der Zutaten- warum auch immer. Die Gründe für die Reaktion können vielfältig sein- auf Biegen und Brechen wird die Schönheit nicht herbei zu zaubern sein. (Den gern strapazierten Spruch: „Da sind Sie aber die/der Einzige! Das wird sonst sehr gut vertragen!“ würde ich hier nicht gelten lassen. Kunden und Verbraucher sind halt nicht „genormt“. ! )

77.2