Mittlerweile ist der Begriff  „Aroma“ derartig negativ besetzt, dass viele dahinter billige chemisch hergestellte Produkte vermuten, die eher in einem Giftschrank als ins Essen gehören. Darunter fallen aber durchaus auch sehr gute und wirklich natürliche Aromen. Was sagen die Bezeichnungen aus?

„Aroma“:   Wenn sich nur dieser Ausdruck in der Zutatenliste findet, handelt es sich sehr wahrscheinlich um einen künstlichen Aromastoff.

„natürliches Aroma“, „natürlicher Aromastoff“:   Das muss aus einem natürlichen Rohstoff gewonnen worden sein- allerdings können sie auch mit Hilfe von Gentechnik oder Schimmelpilzen entstanden sein (und mich hat immer gewundert, woher Aromen in „Bio-Qualität“ stammen, die sich mit den gängigen Methoden gar nicht gewinnen lassen..).

Manchmal wird es noch genauer beschrieben: z.B. „natürliches Orangenschalenaroma“.  Für diese Art von Aromen gibt es weitere Standards- wie z.B. „ISO-Norm 9325“ Sie verdeutlicht, dass … ein reines Naturkonzentrat ist. Es darf nicht mit anderen Stoffen vermischt werden, sei es mit synthetischen oder mit natürlichen Stoffen, z.B. Terpenen. Auch “Anreicherungen” mit natürlichen Komponenten aus der gleichen Pflanzenspezies (chemisch definierte Inhaltsstoffe) stehen der ISO-Norm entgegen.

So ganz sicher kann man sich also nicht immer sein, welcher Quelle das Aroma genau entstammt- auch nicht bei BIO-Produkten.

Ich kenne zahlreiche Firmen, die gern naturbelassene Pflanzenessenzen (nach der oben beschriebenen ISO Norm) statt frischer oder getrockneter Kräuter einsetzen. Das ist etwas, was ich gern selbst beim Kochen, Backen, auch in der Herstellung von Pralinen oder gar Kosmetika verwende. Besonders im Winter, wenn sogar die frisch gezogenen Kräuter eher fad schmecken.

Kritischen Stimmen, dass Kräuter in jedem Fall besser seien, kann ich mich nicht anschließen. Die Kräuter für die Essenzen werden direkt in den Anbauländern geerntet und verarbeitet. Der Anbau lohnt sich besonders, wenn die klimatischen Bedingungen für das Aroma dieses Krautes optimal sind, was auch dem Verbraucher nützt: So schmeckt ein Rosmarin oder Thymian aus Südfrankreich oder Nordafrika eben viel intensiver als Kräuter aus dem Gewächshaus- und auch als Kräuter aus nordeuropäischen Gärten.29.02.DSC01703 Kopie 3Wie ist es mit Kräutern, die nach der Trocknung in alle Welt verschifft werden? Da die Kräuter schimmeln können und leider alles mögliche Getier ebenfalls an ihnen interessiert ist- was nicht unbedingt im Interesse des Händlers und der Verbraucher liegt- werden die Kräuter begast. Auch solche Vorsichtsmaßnahmen sind nicht nötig, wenn man die Essenzen verschickt. Die meisten davon wirken sogar selbst bakterizid, bakteriostatisch, fungizid.

 Wie werden diese Essenzen hergestellt?

Die Gewinnung erfolgt mit Hilfe von Wasser, Bestandteilen der normalen Atemluft oder über Pressung. Chemische Rückstände gibt es bei diesen Methoden nicht (wie z.B. beim Lösen der Aromen durch Hexan). Wer sich nichts darunter vorstellen kann: eine kurze Beschreibung der Methoden findet sich am Schluss.

Die Essenzen können nicht nur Mahlzeiten, Getränke und uns selbst mit köstlichem Duft versorgen- sie wirken sogar  noch positiv auf unsere Gesundheit. Durch den Massenanbau haben Obst und Gemüse oft einen Teil ihrer Inhaltsstoffe verringert oder gar verloren, die wir aber zum Aufbau körpereigener Stoffe brauchen. Solche Stoffe finden sich z.B. auch in Pflanzenessenzen. „Medizin“ MUSS also nicht immer bitter schmecken- ganz im Gegenteil, sie kann geradezu sehr lecker sein! Was will man mehr?! –    Auf jeden Fall gehören diese reinen Pflanzenaromen nicht in die gleiche Ecke wie synthetische Produkte.

 Warum überhaupt künstliche Geschmacksstoffe?

Meist sind sie sehr viel billiger, man kann damit ganz neue Geschmacksrichtungen kreieren- und man hat immer ausreichend davon vorrätig- sonst wird halt  „nachgebastelt“ . Die verfügbare Menge natürlicher Aromen unterliegt dagegen Klimaschwankungen, verstärkten Nachfragen (wenn alles weg ist, muss man bis zur nächsten Ernte warten und auch höhere Preise in Kauf nehmen) und die genaue Zusammensetzung schwankt mit jeder Ernte.

Ich weiß nicht, warum- es ist geradezu eine Sucht geworden, alles zu „standardisieren“. Schon jeder Krimifreund kennt die Möglichkeiten, Täter und Tatorte bis ins genaueste an Hand ihrer UNTERSCHIEDE zu identifizieren.29.03Kunsthochschulkoepfe KopieWas für einen Sinn kann es im Interesse der Verbraucher mit ihren vielen unterschiedlichen Stoffwechselschwächen und –stärken, unterschiedlichen Bedürfnissen haben, ihnen immer und überall standardisierte Produkte an zu bieten? (SO stark sind die natürlichen Schwankungen übrigens nicht, dass man die Endprodukte nicht mehr wieder erkennen würde-)

Interessanterweise steht unser Gehirn auch nicht auf immer Gleiches. Wenn wir immer wieder mit identischen Sinneseindrücken konfrontiert werden, werden sie ausgeblendet- weil es schließlich genug anderes gibt, was wir wahrnehmen und beurteilen müssen. Die anfangs interessanten, künstlich zusammengesetzten Geschmacksrichtungen werden nach ca. einem halben Jahr alle als gleich langweilig und fade empfunden. Die Geschmackserfinder müssen also immer wieder ran und neu basteln. Würzt man selbst, variiert die Zusammensetzung immer etwas- anders als bei fertigen Würzmischungen- schon die Zusammensetzung einzelner natürlicher Gewürze/Aromastoffe fällt von Ernte zu Ernte unterschiedlich aus.

Die ganz überzeugten Verfechter der künstlichen Aromen haben immer wieder darauf hingewiesen, dass Verbraucher den Unterschied gar nicht bemerken würden. Das trifft nur teilweise zu. Der „untrainierte“ Verbraucher erkennt die Unterschiede vielleicht nicht, wenn er keinen direkten Vergleich hat. Steht der aber zur Verfügung, konnte bisher in meinen Kursen JEDER erkennen, welches das „Echte“ und welches das „Unechte“ war- teilweise sogar, welche der Essenzen aus BIO-Anbau, bzw. demeter-Anbau stammten. Dazu muss man fairerweise sagen, dass sich nicht immer ein Unterschied erkennen lässt.

Gewinnungsmethoden

mit Wasserdampf

Aromen und Düfte mit Wasserdampfdestillation zu gewinnen und haltbar zu machen, ist schon lange gebräuchlich: zu diesem Zweck wird heißer Wasserdampf über die aromatischen Pflanzenteile geleitet, der Dampf abgekühlt und aufgefangen. Die stark duftende ölige Essenz schwimmt an der Oberfläche und kann dort abgenommen werden. Das ist ein sauberes Verfahren, wo der Duft recht gut erhalten bleibt. Der Nachteil liegt in der Temperatur des Wasserdampfs, wodurch einige der feinen Anteile verloren gehen. Besonders gut kann man das bei Ingwer erkennen. Die feine Zitrusnote ist in der Essenz nicht mehr vorhanden.

Kohlendioxid-Extraktion

Es gibt eine neuere Methode, wo mit Hilfe von Kohlendioxid (Bestandteil unserer normalen Atemluft) die Duft- und Aromastoffe aus Kräutern und Blüten gelöst werden. Hier kann die Temperatur sehr viel niedriger bleiben- und das Ergebnis wird schöner und voller: es riecht nach ganz frisch geernteten Kräutern und Gewürzen. Allein der Zimtextrakt könnte mich jedes Mal in Schwärmerei versetzen- und auch der Ingwerextrakt riecht nach frischem Ingwer.

Kaltpressung

Das Aroma aus Schalen (Mandarine, Zitrone, Orange, Grapefruit usw) presst man dagegen aus. Hier gibt es ebenfalls keine Hitzeprozesse in der Gewinnung, d.h. man bekommt den kompletten Duft/Aroma. Leider sind diese Essenzen recht empfindlich. Man sollte sie daher mit möglichst wenig Luft in der Flasche, kühl und nicht in der Sonne lagern. Nach einem Jahr sollte man sie nicht mehr verwenden. Wenn man aus Versehen zu viel gekauft hat: nach und nach ein paar Tropfen der alten Essenz in Sprühreiniger geben (oder: Brennspiritus, Wasser, etwas einfaches Geschirrspülmittel dazu und ein paar Trpf. Essenz: macht super sauber und duftet gut!). Sollte der Geruch allerdings schon unangenehm brandig geworden sein- lieber nicht mehr verwenden.

Bilder: Wasserdampfdestillation in verschiedenen Größenordnungen29.4.DSC01719 Kopie 329.4.IMG_0356 Kopie 229.5.DSC01478 Kopie 2